Matthias Senger

Zusammenfassung der Arbeit zum B.Sc. Umweltingenieurwesen

„Abschätzung der Wirksamkeit dezentraler Kleinrückhaltebecken
in Oberbayern“

Durch zunehmende ökologische Bedenken im Hochwasserschutz haben dezentrale Hochwasserschutzmaßnahmen an Bedeutung gewonnen, da sie schwerwiegende Eingriffe in die Umwelt vermeiden und verloren gegangenes Rückhaltevermögen der Landschaft wiederherstellen können. Eine besonders effektive Maßnahme sind dezentrale Kleinrückhaltebecken: Ungesteuerte Hochwasserrückhaltebecken an kleinen Gewässern mit einem Beckenvolumen von bis zu 50000 m3. Während bisherige Untersuchungen sich auf das Potential von dezentralen Kleinrückhaltebecken in bestimmten Einzugsgebieten konzentriert haben, ist das Ziel dieser Arbeit die Untersuchung der Wirksamkeit bereits umgesetzter dezentraler Kleinrückhaltebecken in Oberbayern. Zur Quantifizierung ihrer Wirksamkeit wurde ein Rechenmodell entwickelt mit dem sich unterschiedliche Hochwasserereignisse in den Becken simulieren lassen. Die benötigten Eingangsdaten wurden aus Datenbanken, Befragungen zuständiger Behörden und Ingenieurbüros sowie mittels Geoinformationssoftware gewonnen. Die Ergebnisse zur Wirksamkeit der Becken wurden schließlich auf ihre Korrelation mit Kenngrößen des Einzugsgebiets untersucht, wodurch grundlegende Informationen zu geeigneten Standorten gewonnen werden können. Weiterhin beinhaltet die Arbeit eine Literaturrecherche zur Ausführung, Bemessung und Wirkungsweise dezentraler Kleinrückhaltebecken sowie zum aktuellen Forschungsstand.
Verwendetes Rechenmodell
Das Rechenmodell erlaubt die Simulation der Verformung einer Hochwasserwelle beim Passieren eines Kleinrückhaltebeckens. Grundlage für das Rechenmodell bildet die diskretisierte Speichergleichung, welche die zeitliche Änderung des Speichervolumens in Abhängigkeit von Zu- und Abfluss beschreibt. Um die Gleichung iterativ lösen zu können müssen neben der Zuflussganglinie des Hochwasserereignisses auch die Speicherinhaltslinie und die Ausflussbeziehung als beckenspezifische Eigenschaften bekannt sein.
Erhebung der Eingangsdaten
Zur Modellierung der Hochwasserzuflüsse wurden zunächst auf Grundlage eines digitalen Geländemodells die Einzugsgebiete der einzelnen Beckens mithilfe der Geoinformationssoftware ArcMap berechnet. Aus den Gradienten zwischen Nachbarzellen der Rasterdatei kann die Fließrichtung des Wassers bestimmt werden, woraus sich schließlich die Einzugsgebiete der einzelnen Becken ableiten lassen. Die Hochwasserzuflüsse wurden daraufhin aus flächendetailliert vorliegenden
Hochwasserquantilen über das Verhältnis der Einzugsgebietsgrößen errechnet. Zur Anwendung kamen das HQ5, HQ10, HQ50 und HQ100 sowie das HQ100 zuzüglich des in Bayern üblichen Klimafaktors von 15 %, um eventuell steigende Extremniederschläge infolge des Klimawandels zu berücksichtigen. Zur vollständigen Zuflussganglinie sind weiterhin der aus naheliegenden Pegeldaten abgeleitete Basisabfluss und der zeitliche Verlauf der Welle nötig, für den eine dreiecksförmige Ganglinie angenommen wurde. Zur Berechnung der An- und Ablaufzeiten der Ganglinie diente die für Bayern angepasste Kirpich-Formel, welche die maximale Fließlänge sowie die mittlere Steigung des Einzugsgebiets berücksichtigt.
Der Abfluss über den Grundablass ist abhängig vom Wasserstand im Becken und kann mit der hydraulischen Formel nach Torricelli berechnet werden. Dazu wird die Speicherinhaltslinie benötigt, welche die Beziehung zwischen Wasserstand und Speicherinhalt im Becken beschreibt. Aus den bekannten Größen des Beckenvolumens, der Höhe des Absperrbauwerks sowie des Freibords wurde die Speicherinhaltslinie mittels einer Standardform hergeleitet.
Beckenoptimierung
Die Berechnungen mit den vorhandenen Beckeneigenschaften wurden für die Hochwasserereignisse HQ10 und HQ100+Klimafaktor durch weitere Rechenläufe mit optimiertem Grundablass ergänzt. Durch die Anpassung des Grundablasses an das jeweilige Hochwasserereignis lässt sich die maximal mögliche Wirksamkeit der Becken erreichen.
Ergebnisse
Die Wirksamkeit eines Beckens kann durch die Scheitelabminderung ausgedrückt werden, welche die durch das Becken erreichte prozentuale Reduzierung der Abflussspitze angibt. Die Ergebnisse zahlreicher untersuchter Becken deuten dabei auf eine Überdimensionierung sowohl des Beckenvolumens als auch des Grundablasses hin. Eine Unterschätzung der Hochwasserzuflüsse durch die verwendeten Hochwasserquantile konnte durch den Vergleich mit Pegeldaten als mögliche Ursache ausgeschlossen werden. Jedoch führt die Verwendung der Kirpich-Formel zu Hochwasserereignissen mit für konvektive Ereignisse typische geringe Abflussvolumina. Eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse auf advektive Hochwasserereignisse ist daher nicht gegeben.
Der Zusammenhang zwischen der Wirksamkeit von Becken und Eigenschaften ihrer Einzugsgebiete wurde mithilfe des Korrelationskoeffizienten nach Pearson untersucht. Es konnte eine Korrelation zwischen dem spezifischen Volumen (Verhältnis von Beckenvolumen zu Einzugsgebietsgröße) und der Wirksamkeit der Becken nachgewiesen werden. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem mittleren Gefälle des Einzugsgebiets und der Wirksamkeit der Becken konnte in dieser Arbeit nicht bestätigt werden.